Der Hof Scheer in Hellinghausen

Kunst statt Kühe

 

Auf dem Hof Scheer in Lippstadt-Hellinghausen ist im alten Kuhstall eine Galerie entstanden. Eine weitere Besonderheit: Der Hof gehört drei Geschwistern gemeinsam.

Die Geschwister Scheer führen den über 200 Jahre alten Hof Scheer gemeinsam in die Zukunft. (v.l. Heinz-Werner Scheer, Veronika Scheer-Gerken, Franz-Egbert Scheer)

 

Heinz-Werner Scheer ist Vermessungsingenieur im Kreis Soest und kümmert sich als Landwirt im Nebenerwerb um die Weide- und Ackerflächen.

Franz-Egbert Scheer ist Betriebswirt und zuständig für Buchhaltung und Verpachtung der Pferdeboxen.

Veronika Scheer-Gerken ist Physiotherapeutin in eigener Praxis und Galeristin. Sie hat federführend die Neu- und Umgestaltung des Hofes und seiner Gebäude in die Hand genommen.

Wichtige Entscheidungen treffen die Geschwister gemeinsam, manchmal auch erst nach leidenschaftlichen Diskussionen. Nur ein Ziel stand von Anfang an fest:

Der Hof soll Treffpunkt der Familie bleiben und irgendwann an die nächste Generation weitergegeben werden.

 

 

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  1. Geschichte des Hofes

Clemens und Elisabeth Scheer, geb. Schlickmann


Die Eltern Clemens und Josefa Scheer geb. Büker mit ihren 4 Kindern

Den landwirtschaftlichen Betrieb gibt es an dieser Stelle seit über 200 Jahren. Das jetzige Gebäude wurde 1892 errichtet. Bis 2009 wurde der Hof Scheer als landwirtschaftlicher Vollerwerbsbetrieb geführt und von einem Clemens Scheer an den nächsten Clemens Scheer weitergegeben.

Der Name Clemens war Programm. Zumal die Kirche im Dorf, ganz in der Nähe des Hofes, dem Heiligen Clemens geweiht ist. Sein Namenstag am 23. November war ein Feiertag für die ganze Familie.

 

 

Heuernte in den Lippwiesen

 

Der Hof Scheer betrieb vor allem Milchwirtschaft. 20 Kühe und 60 Mastschweine hatten die Eltern im Stall. Das Grünfutter kam unter anderem von den nahen Lippewiesen. Der Vater sprach immer vom „Teeheu“ wegen der vielen Kräuter auf den fruchtbaren Wiesen.

Der Hof war nicht groß genug, um in der heutigen Zeit wirtschaftlich arbeiten zu können. Zudem erkrankte der letzte Landwirt im Vollerwerb, der älteste Bruder und Hoferbe Clemens, so schwer, dass er seine Arbeit nicht mehr ausüben konnte. Die Eltern Clemens und Josefa waren zu der Zeit bereits über 85 Jahre alt und auch nicht mehr in der Lage, den Hof selbst zu weiter zu führen.

 

Die Hofstelle um 1950

Da der Hof allen Kindern sehr wichtig war, wurde 2009 beschlossen ihn gemeinsam im Nebenerwerb weiterzuführen.

Die heutigen Pferdeboxen

Die verbliebenen Ställe auf dem Hof nutzt die Familie heute für die Haltung von Pensionspferden und -rindern. Eine Scheune ist an einen Garten- und Landschaftsbauer verpachtet. In der oberen Etage ist eine geräumige Mietwohnung entstanden. Im ehemaligen Kuhstall lebt Veronika Scheer-Gerken seit fünf Jahren ihr Faible für die Kunst aus.

 

 

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  1. Geschichte des Kunstraum

Eingangsbereich der Galerie

Das Motto ihrer Galerie hat Veronika Scheer-Gerken in Leuchtbuchstaben direkt neben dem Eingang anbringen lassen: „Vita brevis, ars longa“ – Das Leben ist kurz, die Kunst lang.

Veronika Scheer-Gerken, Galeristin

Veronika Scheer-Gerken hätte nie gedacht,dass sie einmal auf den Hof der Familie zurückkehren würde, als sie nach dem Abitur 1984 nach Berlin ging. 1990 kam sie zurück nach Lippstadt und machte sich als Physiotherapeutin mit eigener Praxis selbstständig. (www.praxisanderlippe.de) In Lippstadt lernte sie auch ihren Mann kennen, den Urologen Dr. Martin Gerken.

 

 

Der große Ausstelungsraum der Galerie

Warum also nicht alles miteinander verbinden? So entstand die Idee zum Kunst Raum. Die Kraft und den Mut für die Umgestaltung des ehemaligen Kuhstalls in eine Galerie gab ihr vor allem ihr Mann Martin. Er unterstützte sie stets darin, diese neue Kunststätte auf dem Land bei Lippstadt zu etablieren.

An erster Stelle stehen bei jeder Ausstellung die Künstlerinnen und Künstler. Sie entscheiden über die Platzierung ihrer Werke, die Gestaltung der Vernissage und das Begleitprogramm während der Ausstellung. Veronika Scheer-Gerken möchte im Kunst-Raum das breite Spektrum der bildenden Kunst präsentieren. Ausgestellt wurden schon Gemälde und Zeichnungen, Installationen und Fotografien.

Die Vielfalt der Künstlerinnen und Künstler, die im Kunst-Raum zu entdecken sind, ist immer wieder eine große Inspiration und Motivation für Veronika Scheer-Gerken. Das Repertoire der Künstlerinnen und Künstler reicht von einer Schülerin von Joseph Beuys über einen Künstler, der seine Fähigkeiten aus wirtschaftlichen Gründen nie hauptberuflich ausleben konnte und anlässlich seines 80sten Geburtstages hier erstmals seine Kaligraphien zeigte, bis hin zu jungen Studenten, die selbstbewusst ihre ersten Werke präsentieren.

Nach dem Tornado, der im Mai 2022 über den Ort zog, war der Hof Ausweichquartier der Pfarrgemeinde.

Der Kunst-Raum lebt nicht nur durch die Künstlerinnen und Künstler, sondern auch durch seine Besucherinnen und Besucher. Hierhin kommen die Kinder und die Erwachsenen aus dem Dorf, die Wanderer und die Fahrradtouristen – manchmal auch zufällig. Auch viele kunstinteressierte Menschen aus der Umgebung finden den Weg in die schlichten Räume der ehemaligen Stallungen in dem kleinen Dorf an der Römer- Lippe-Route nahe Lippstadt.

 

 

 

 

v.l. Maximilian Scheer, Rechtsanwalt, Laurenz Scheer, Student d. Betriebswirtschaft, Theresa Scheer, Lehrerin,

Das Besondere am Hof Scheer findet sich gleich in mehreren Punkten

  • Die Familie hat es gemeinsam geschafft den Hof zu erhalten und neue Nutzungsmöglichkeiten geschaffen. Die Arbeit wird geteilt. So wird es für niemanden zu viel – auch nicht finanziell.
  • Die nächste Generation (Bild rechts) steht hinter dem Projekt und will es später gemeinsam weiterführen.
  • Dank der Unterstützung ihres leider plötzlich verstorbenen Mannes Martin, konnte Veronika Scheer-Gerken den Kunst-Raum entwickeln und umsetzen.
  • Der Kunst Raum ist bei Künstlerinnen und Künstlern sehr beliebt und meist zwei Jahre im Voraus ausgebucht. Mit jeder Ausstellung entstehen neue wertvolle Begegnungen und Beziehungen.
  • Der Hof Scheer war und ist traditionell offen für die Menschen im Dorf. Als nach dem verheerenden Tornado am 20. Mai 2022 die St. Clemens Kirche stark beschädigt wurde, konnte dort kein Gottesdienst stattfinden. Kurzerhand wurden die Gottesdienste im Kunst-Raum abgehalten.
  • Annette Illert-Passgang, die renommierte Architektin aus Lippstadt begleitet die architektonischen Umgestaltungen seit 2011 mit ihrem feinen Gespür und fachlicher Kompetenz.

 

 

 

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Familie Scheer 2023. v.l. Theresa Scheer, Heinz-Werner Scheer, Laurenz Scheer, Franz-Egbert Scheer, Veronika Scheer-Gerken, Maximilian Scheer. Es fehlen: Johanna ,Karla, Julius und Marlene Scheer.